Ebenso rasch behandlungsbedürftig sind Unfälle beim Freiflug. Wellensittiche sind rasante Flieger, die spektakuläre Flugmanöver ausführen können. Aber auch in einem bekannten Areal kann es passieren, dass ein Vogel mit einem Hindernis kollidiert. Fliegt der Vogel beispielsweise aufgeschreckt mit Wucht vor die Fensterscheibe und bleibt sichtlich benommen am Boden sitzen, kann er sich ein Anflugtrauma zugezogen haben, womöglich begleitet von einer Gehirnerschütterung.
Hat der Wellensittich keine offensichtlichen Verletzungen oder Brüche, wirkt aber orientierungslos, benötigt er zunächst Ruhe. Polstern Sie eine kleine Vogel-Transportbox weich mit einem Tuch aus, betten sie den Vogel darauf und bringen Sie ihn in einen dunklen Raum. Wichtig: Kein Wasser reichen! Klären Sie telefonisch mit dem Tierarzt das weitere Vorgehen, bevor Sie einen Transport wagen. In vielen Fällen erholen sich Vögel nach einigen Stunden von allein. Auch Maßnahmen wie die Gabe von Rescue-Tropfen oder Wärmebestrahlung sollten nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Tierarztes erfolgen!
Schwerwiegende Verletzungen wie Brüche oder Quetschungen gehören umgehend tierärztlich behandelt – sichern Sie den Vogel, stoppen Sie nach Möglichkeit kleinere Blutungen mit Gelatinepacks und bringen Sie das Tier so schnell es geht zum Arzt. Hat eine Katze den Vogel gebissen, muss selbst eine winzige Wunde behandelt werden. Bei Katzenspeichel besteht hohe Infektionsgefahr.
Leider ist es bei Wellensittichen wie bei den meisten Vögeln: Bevor dem Menschen Krankheitssymptome auffallen, hat der Vogel sie in vielen Fällen bereits einige Zeit erfolgreich verborgen. In der Natur ist das eine sinnvolle Überlebensstrategie, denn kranke Vögel sind leichte Beute für Raubtiere. Nehmen Sie sich die Zeit, jeden Ihrer Vögel täglich intensiv eine Weile zu beobachten. Dann fallen Ihnen schon kleine Unpässlichkeiten auf.
Ein guter Indikator für die Gesundheit des Wellensittichs ist die Beschaffenheit des Kotes. Ein typischer Sittichklecks besteht aus einem halbfesten, klar abgegrenzten grünweißen Kringel, der schnell aushärtet und sich schwarz-weiß verfärbt. Je nach Futtergabe kann sich die Farbe und Konsistenz kurzzeitig verändern, etwa nach dem Genuss von Rote Bete oder Blattsalat (der macht den Kot wässriger). Wenn der Vogel aber offensichtlich Durchfall oder eine Polyurie – einen vermehrten Urinanteil im Kot – hat, das Aftergefieder verklebt oder er unter Schwierigkeiten auffällig große oder harte, mit unverdautem Futter durchsetzte
Kotballen absetzt, liegt eine Verdauungsstörung vor. Halten die Beschwerden mehrere Stunden an, ist ärztlicher Rat gefragt. Durchfall kann bereits nach zwölf Stunden fatal werden, da ein Wellensittich schnell dehydriert.
Atemgeräusche oder schweres Atmen können auf Probleme mit den Atemwegen hindeuten. Die Diagnose sollte hier dem Tierarzt obliegen: Von der (beim Wellensittich seltenen) Pilzerkrankung Aspergillose bis zur Erkältung ist alles denkbar.
Wellensittiche können sich Parasiten zuziehen, selbst wenn sie nicht in einer Außenvoliere leben. Den Befall mit Federlingen zeigen die Vögel durch hektisches Kratzen und Putzen sowie auffällige Unruhe an. Bei einem starken Befall kann es zu Schadbildern im Gefieder kommen. Um die Ektoparasiten loszuwerden, setzt der Tierarzt ein Antiparasitikum ein. Grab- oder Räudemilben greifen hingegen weiche Körperteile wie die Wachshaut und die Beine der Vögel an: Es kommt zu porösen Wucherungen. Die Behandlung erfolgt medikamentös und durch Ersticken der Milben durch Öl oder Salben , alternativ ist der Einsatz eines Spot-on-Mittels möglich- all diese Behandlungen gehören in die Hand eines vogelkundigen Tierarztes!
Da zu lange Krallen und Schnäbel die Unfallgefahr erhöhen und die Nahrungsaufnahme behindern, muss das Horn fachmännisch gekürzt werden. Überlassen Sie als Anfänger das Schnabelkürzen und Krallenschneiden beim Wellensittich dem Tierarzt oder einem erfahrenen Sittichhalter!
Auch eine Rotlichtlampe und eine Quarantäne-Unterkunft sollten für Notfälle bereitstehen